Uli Bendick, Aiki Mira und Mario Franke (Hg.) Am Anfang war das Bild. Hirnkost

 

Worte und Bilder

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Die Idee zu dieser Anthologie hat mich gleich überzeugt: Texte zu bereits vorhandenen Bildern. Leider ist das entstandene Papierbuch recht hochpreisig, so dass ich mich mit dem e-book begnügt habe. Und da muss ich leider sagen, dass das für mich so nicht funktioniert hat. Dass die Bilder schwarz-weiß nicht so toll wirken, hatte ich vorausgeahnt. Dass aber ein Teil der Texte unlesbar sein würde – das hatte ich nicht geahnt. Offenbar hat der Verlag ein Design gewählt, bei dem auch die Schrift Farben hat (aber natürlich kann ich nur erahnen, woran es lag). Auf meinem zugegeben nicht ganz neuen Kindle waren jedenfalls alle Überschriften und alle Kommentare zu den Bildern nicht lesbar. Dass sie vorhanden waren, erkannte ich nur beim Umblättern, da wurde die Schrift kurz sichtbar. Daran hat auch ein Ändern der Einstellungen des Readers nichts geändert. Ich kann also schonmal verraten, dass Überschriften für mich zum Textgenuss beitragen.

Trotz der technischen Herausforderungen hat sich diese Anthologie für mich gelohnt: einige Texte haben mich sehr berührt. Andere trafen nicht meinen Geschmack – oder ich habe sie vielleicht schlicht nicht verstanden.

Monika Niehaus: Bermudabohrturm

Der Text hat einige schöne Bilder, bricht aber dann einfach ab. Ich hielt das zunächst für einen weiteren Formatierungsfehler (ist da auch die Hälfte unsichtbar geworden?), aber da alle anderen Texte vollständig da sind, wenn man von den Überschriften einmal absieht, soll das wohl so sein. Es ließ mich irritiert zurück.


Janika Rehak: Onkel Nolte oder die hohe Kunst, aus dem Fenster zu schauen

Eine Geschichte rund um Demenz und Einsamkeit, deren phantastischer Anteil nicht sehr hoch ist. Zwei Männer leben miteinander und erst scheint es, dass der eine sich um den anderen kümmert. Aber vielleicht ist das auch andersherum? Es geht um Sehnsucht und Mut, um das Warten auf jemanden, wobei unklar bleibt, ob es die erwartete Person wirklich gibt. Ich mochte den Text sowohl sprachlich, als auch inhaltlich. Er hat mich tief berührt. Das ganz klare Highlight für mich in dieser Anthologie.


Robert Diemrich: Das Wiedersehen

Hier geht es um die Läuterung eines Mannes mithilfe einer fiktiven Technik. Die Idee ist gut, wenn mir auch aus anderen Texten bekannt, aber die Umsetzung für meinen Geschmack zu klischeehaft. Dass am Ende alles erklärt wird, anstatt dass ich es für mich entdecken darf, macht für mich den Reiz dieses Textes leider weitgehend zunichte. Das ist schade, denn den Anfang mochte ich.


Uwe Neuhold: Das Licht

Eine spannende und sprachlich ansprechende Geschichte rund um das Thema Zeitreisen. Ich habe sie genossen, allerdings fand ich das Ende etwas zu sehr erklärt und zu dick aufgetragen.


Isabell Hemmrich: Unser stilles Dorf

Nach einem Atomunfall fällt die Welt in einen apokalyptischen Zustand, der bildreich beschrieben wird. Mir waren die Bilder sterbender Menschen, die in ihrer Mächtigkeit miteinander konkurrieren, irgendwann zu heftig, so dass ich den Text nur noch überfliegen konnte. Unter anderem wird ausführlich eine Vergewaltigung beschrieben. Inhaltlich erschloss sich der Sinn des Textes für mich nicht, außerdem irritierte es mich, dass angeblich ein Kind erzählte, die Erzählstimme aber sehr erwachsen klang.


Christian Endres: Sterben und sterben lassen auf einem einstmals blauen Planeten

Der personifizierte und leider arbeitslose Tod trifft auf einen Menschen, die beiden unterhalten sich – es entspinnt sich ein witziger und philosophischer Dialog, der einem altbekannten Thema neue Aspekte abgewinnt. Auch eines meiner Highlights.


Hans Jürgen Kugler: Die Verwandlung

Jemand stürzt auf einem Planeten ab und verwandelt sich in eine Echse, was sprachlich schön beschrieben wird. Für meinen Geschmack wird hier aber trotz der schönen Sprache zu viel erklärt und es gibt zu wenig Handlung, so dass mich der Text letztlich nicht wirklich für sich einnehmen konnte.


Marco Rauch: Der Erleger

Außerirdische haben die Erde unterjocht, Menschen leben nur noch in Rerservaten und sind beliebtes Jagdziel. Der titelgebende Erleger hilft ihnen als Reisebegleiter bei der Menschenjagd zum Vergnügen. Für mich ist das eine recht platte Parallele auf Safaris, ekelhaft und beklemmend und von der Stimmung her gut eingefangen, aber ohne dem Thema neue Aspekte abzugewinnen. Mir fehlte auch ein Ende der Geschichte.


Nils Wiesner: Ich kann nur sehen, was ich glaube

Im ehemaligen Plänterwald-Vergnügungspark leben nach der Apokalypse Menschen, denen der Text in verschiedenen Perspektiven folgt. Für mich war es witzig, die Orte wiederzuerkennen, deren morbiden Charme ich auch schon genossen habe – der Sinn dieses Textes hat sich mir aber nicht erschlossen. Auch der nicht nachvollziehbare Abbruch des Textes ließ mich ratlos zurück.


Achim Stößer: Bethlehem

Das Leben Jesu wird hier als imdb-Eintrag einer fiktiven Serie beschrieben. Jesu Wunder sind durch das Einwirken Außerirdischer erklärt – auch das ist keine originelle Idee. Witzig fand ich, dass es letztlich nicht viele Erfindungen aus der Zukunft braucht, um alle Wunder zu erklären. Wenn diese Erfindungen vorgestellt sind und man das Leben Jesu kennt, ist vorhersagbar, was in diesem Text passiert. Stilistisch konnte ich dem Text wenig abgewinnen, er ähnelt dem Eintrag eines Laien in einer Datenbank. Wer wie ich recht ekelempfindlich ist, sollte diesen Text meiden.


Rainer Schorm: Hirnwald

Ich bin ekelempfindlich. Habe ich das schon verraten? Hier musste ich aussteigen. Das ist Horror pur.


Michael Tinnefeld: Upgrade Yourself

Dieser Text besteht aus mehreren unabhängigen Teilen, die irgendwann zusammenfinden, sich aber trotzdem für mich nicht wirklich erschlossen haben. Die vielen ausufernden Beschreibungen konnten mich nicht wirklich einfangen. Das Ende verstehe ich nicht, so dass der Text für mich kryptisch blieb.


Tessa Maelle: Arabesque

Bei dem Text bin ich mir ziemlich sicher, dass er eigentlich für die Hereinspaziert-Ausschreibung entstanden ist. Eine Puppe, die ihr menschliches Vorbild kopiert, arbeitet als Tänzerin beim Wanderzirkus und entdeckt ihre Freiheit – und macht ihr gleich wieder ein Ende.


Vlad Hernández: Glühwürmchen

Diese kurze Geschichte ist vorbei, bevor sie begonnen hat. Sie hat mich ratlos zurückgelassen, ohne Idee, was ich damit anfangen soll.


Karin Leroch: Ganymed

Eine Frau bekommt Besuch von einem Außerirdischen und verliebt sich in ihn, reist mit ihm aus. Ich fand das ganz unterhaltsam, auch wenn die Story in klassischen zweigeschlechtlichen Klischees blieb: ein Mann und eine Frau, sie folgt ihm, ohne eine Idee zu haben, was sie dort tun soll. Das Ende hält aber eine Überraschung parat.


Heidrun Jänchen: Stille Post

Jemand sequenziert die DNS von Schmetterlingen und wird dafür ausgelacht. Aber es zeigt sich, dass sein Werk doch nicht umsonst ist. Ich mochte den Einstieg mit vielen szenischen Beschreibungen und einem lebendigen Protagonisten. Dass der Text dann durch die Jahrhunderte eilt, ohne dass mir wieder jemand nahekommt, fand ich etwas schade.


Monika Niehaus: Eine universelle Sprache

Vogelartige Außerirdische tanzen auf einem fremden Planeten – und ein Mensch entschlüsselt das als Art der Kommunikation. Unterhaltsam.


Aiki Mira: Utopie27 

Eine tolle, atmosphärisch dichte und düstere Geschichte, in der für meinen Geschmack zu viel offen bleibt, um sie perfekt zu machen: In einer desolaten Zukunft leben nur noch junge Leute. Alle flüchten sich in virtuelle Welten, was sie letztlich umbringt, da sie vergessen, sich um sich zu kümmern und Drogen nehmen. Ich würde gern wissen, wovor die Prota in die VR flieht und warum die Leute alle sterben.